Felix Austria?
In Österreich hat man es verstanden, die geographische Lage des Landes und seine seit der Zeit der Donaumonarchie bestehenden, besonderen Beziehungen zu vielen Staaten des ehemaligen Ostblocks ins Verdienen zu bringen. Österreichische Direktinvestitionen machen einen nicht geringen Anteil des westlichen Engagements in den Reformstaaten aus. Die Präsenz einiger österreichischer Bankinstitute ist beachtlich – sei es infolge der Übernahme lokaler Institute oder durch die grenzüberschreitende Ausdehnung eigener Organisationen. Daß im Zuge des aggressiven Bemühens um Marktanteile die notwendige Sorgfalt und Umsicht oft außer Acht gelassen wurde, hat in der Zwischenzeit – insbesondere seit dem Ausbruch der Schuldenkrise anno 2008 – zu einem schmerzhaften Wertberichtigungsbedarf bei den betroffenen Instituten geführt. So hat etwa die zur UniCredit-Gruppe gehörende Bank Austria alle Ostbeteiligungen auf Null abgewertet und damit im abgelaufenen Jahr einen rekordverdächtigen Buchverlust von 1,6 Mrd. Euro eingefahren. Welcher zusätzlicher Korrekturbedarf durch die gegenwärtigen Ereignisse in der Ukraine auf die in Osteuropa exponierten Banken zukommen wird, ist im Moment kaum abzuschätzen.
Eine problematische Rolle im Zusammenhang mit namhaften Schadensfällen im Finanzsektor spielte und spielt die (nicht allein auf Österreich beschränkte) Allianz aus Politik und Geldwirtschaft. In einem Schuldgeldsystem mit (super-)staatlichem Monopol zur Geldschöpfung ist eine derartige Komplizenschaft letztlich unvermeidlich. Daß ausgerechnet Notenbankgouverneur Novotny in einer ORF-Pressestunde auf diesen Umstand hinweist, entbehrt nicht der Pikanterie. Schließlich manifestiert sich in seiner Person die von ihm plötzlich öffentlich kritisierte Symbiose auf geradezu archetypische Weise: Immerhin kann der wackere, bis in die Unterwolle rot gefärbte Mann, nicht nur auf eine beachtliche Karriere als Bankmanager (nach seiner durch keinerlei Selbstkritik getrübten eigenen Einschätzung wurde diese nicht im Geringsten durch die hohe Politik gefördert), sondern auch auf eine Jahrzehntelange Tätigkeit in der SPÖ zurückblicken.
Wie dem auch sei, das seit Wochen die Schlagzeilen der österreichischen Medien beherrschende Debakel der Provinzbank Hypo Alpe-Adria (die massiv auf dem Balkan exponiert ist), dürfte nach derzeitigem Stand und der Einschätzung Herrn Novotnys wohl ein Loch von rund 18 Milliarden Euro in den Staatssäckel reißen. Kein Pappenstiel. Der Betrag ist, dank des Größenwahns einiger Landespolitiker (die jeden vernünftigen Rahmen sprengende Haftungen übernommen haben) und des beeindruckenden Stumpfsinns der mit einer „Rettungsaktion“ betrauten Bundespolitiker (die sich zu einer panikartigen Notverstaatlichung des Instituts haben hinreißen lassen), im Begriff, sich in Rauch aufzulösen. Blechen wird am Ende des Tages der Steuerzahler. Ob durch die im Zuge der mutmaßlich geplanten Problembewältigung mittels einer „Bad-Bank“ schlagend werdenden, defizitwirksamen Abschreibungserfordernisse die Maastricht-Schuldenobergrenze verletzt wird, ist gegenwärtig nicht absehbar.
Fest steht indessen: Wo Politik, Finanzindustrie und –Aufsicht allzu amikalen Umgang miteinander pflegen, da hat der Bürger (und Bürge!) nichts zu lachen. Da werden seitens der Länder und Gemeinden (das Land Kärnten ist beileibe kein Einzelfall) Haftungen übernommen, die im Fall der Fälle nie zu stemmen sind; Da werden seitens der Aufsichtsbehörde Gefälligkeitsatteste erstellt, die offensichtlich mit der wirtschaftlichen Realität wenig zu tun haben (weil auch ein Kontrolleur schließlich nur ein Mensch ist und seine Bestellung für einen gut dotierten und prestigeträchtigen Posten nicht leichtfertig gefährden möchte); Schließlich wird – so lange es geht und bis es eben zu spät ist – von fachlich inkompetenten Politikern eine auf Konkursverschleppung hinauslaufende Vernebelungsstrategie gefahren. Der Öffentlichkeit eingestanden wird immer nur das, was selbst bei heißestem Bemühen gar nicht mehr zu leugnen ist.
Jeder Buchhalter, Schuster oder Baumeister benötigt einen Qualifikationsnachweis zur Ausübung seines Gewerbes. Ohne aufwendige Ausbildung und Fachprüfung geht gar nichts. Indes ist es in Kakanien ohne weiteres möglich, Zahnarzthelferinnen zu Infrastrukturministern, Schlosser zu Gesundheitsministern, Studienabbrecher zu Außenministern und gelernte Landwirte oder Juristen – die keinen Tag ihres Lebens jemals außerhalb geschützter Werkstätten tätig waren – zu Leitern des Finanzressorts zu küren. Ein bisserl Unterschied zwischen den Welten von Unter- und Obertanen muß eben sein. Allerdings ist mit dem, wie beschrieben, inferioren Personal kaum ein Staat zu machen – kein funktionierender nämlich!
Kein bei Sinnen befindlicher Mensch wird einen Tischler damit beauftragen, ihm ein Haus zu bauen oder einem Hilfsarbeiter die Sanierung seines Gebisses anvertrauen, etc. Selbstverständlich wird jedermann hierfür einschlägige Experten heranziehen. Nur in der hohen Politik ist das erstaunlicherweise anders. Da werden – siehe oben – blutigen Amateuren Aufgaben übertragen, die sie heillos überfordern. Prompt werden von denen postwendend entsprechend deprimierende Ergebnisse abgeliefert. Die Ausrede, daß den Ressortchefs schließlich Stäbe kundiger Beamter zur Seite stünden, trägt nicht weit. Fachlich unkundige Minister werden damit zu hilflosen Marionetten einer (politisch oft entgegengesetzt orientierten) Beamtenschaft. Minister sollten also schon wissen, worum es geht.
Daß es im Spätstadium des demokratischen Wohlfahrtsstaates keine fachlich qualifizierten – und gleichzeitig charakterlich tauglichen – Mitmenschen in die hohe Politik zieht, ist ein nicht nur in der Alpenrepublik zu beobachtendes Phänomen. Daß in Österreich selbst in den (durch Staatsgelder korrumpierten) Hauptstrommedien die beiden Begriffe „Politiker“ und „nasse Fetzen“ mittlerweile immer öfter im selben Satz genannt werden, ist bezeichnend. Der griechische Philosoph Epikur hat schon vor 2300 Jahren vor politischer Betätigung gewarnt – sofern man nämlich anstrebt, ein anständiges Leben in Zufriedenheit zu führen. Ein weiser Mann. Kompetenter Politiker zu sein und zugleich anständig zu bleiben, ist offensichtlich ein unauflösbarer Widerspruch – zumindest in der Massendemokratie unserer Tage.
Weil das so ist, kann der Ausweg aus dem dadurch entstehenden Problem nur in einem drastischen Rückbau des Staates bestehen – jenes Bereichs, in dem haarsträubende Inkompetenz sowie faktisch totale Unverantwortlichkeit herrschen. Der mündige Bürger sollte seine Angelegenheiten wieder in die eigenen Hände nehmen! Je weniger Macht und Möglichkeiten eine durch und durch verkommene Politikerkaste und deren beamtete Lakaien in ihren Händen halten, umso besser. Das Schicksal der maroden Provinzbank Hypo Alpe-Adria beruht nicht auf einem Zufall. Es ist vielmehr ein Menetekel.
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Ing. Andreas Tögel
Mittelstandsprecher