Wenig Anlass zur Hoffnung!
Viele mit offenen Augen durchs Leben schreitende Zeitgenossen, auch solche, die keineswegs zu den notorischen Schwarzsehern zählen, beschleicht mehr und mehr das Gefühl, daß unsere westliche Welt derzeit nicht nur mit einer auf einen einzigen Bereich beschränkten Fehlentwicklung zu kämpfen hat, sondern vieles – zu vieles – gleichzeitig falsch läuft. Ob Schuldenkrise oder kollektiver Vertrauensverlust in die politischen Eliten; Ob massenhafter Zuzug gleichermaßen leistungsunwilliger wie -unfähiger Fremder in unsere Sozialsysteme, oder galoppierender Kaufkraftverlust; Ob stetig beschleunigte Zunahme der pathologischen Regulierungswut von Staatsbürokraten oder ins unerträgliche wachsende Steuerlasten: Je schriller die Dementis und Beschwichtigungsparolen der Systemprofiteure ausfallen, desto stärker werden diese als Bestätigung für die gefühlten Verwerfungen empfunden.
Nun sind krisenhafte Entwicklungen in der Menschheitsgeschichte nichts Neues: Durch die Jahrtausende kam es immer wieder zu Seuchen, Kriegen oder Naturkatastrophen. Sie alle konnten den Bestand und die Entwicklung der abendländischen Zivilisation nie ernsthaft gefährden. Immer wieder wurden Auswege gefunden, alle Krisen letztlich überwunden.
Was aber, wenn es zeitgleich und länderübergreifend an einer Vielzahl von Fronten zu schwerwiegenden Einbrüchen kommt, die, jeder für sich allein, schon gewaltiger Anstrengungen zu seiner Überwindung bedarf? Könnte daraus eine existenzielle Bedrohung des „Abendlandes“ erwachsen – vielleicht gar dessen von Oswald Spengler vor bald 100 Jahren prophezeiter Untergang drohen? Was, wenn der sprichwörtliche Tropfen in die Tonne fällt und sie zum Überlaufen bringt? Dann kann es doch passieren, daß das System insgesamt kippt und unsere gesamte westliche Zivilisation kollabiert. Immerhin ist es in der Vergangenheit schon mehrfach zum Untergang von Gesellschaften gekommen. Der amerikanische Evolutionsbiologe und Geograph Jared Diamond hat in seinem 2005 erschienen Bestseller „Kollaps“ eine ganze Reihe solcher Katastrophen eindrucksvoll beschrieben. Diese blieben allerdings jeweils auf relativ kleine Kollektive, etwa auf die Bewohner der Osterinsel, isoliert lebende indianische Kulturen Nordamerikas (z. B. die Anasazi) oder auf Siedler in extremen Klimaregionen (in Grönland und Island) begrenzt.
Der ausschließlich ökologischen Blickwinkel Diamonds ist allerdings nicht der einzige, aus dem sich menschliche und gesellschaftliche Katastrophen erklären lassen. Gerade in unserer Zeit des „globalen Dorfes“ müssen grenzüberschreitende religiöse, kulturelle, ethische, politische und wirtschaftliche (Fehl-)Entwicklungen oder Fragen der Bevölkerungsentwicklung und –Zusammensetzung in die Prognosen der Zukunft unserer westlichen Zivilisation mit einbezogen werden. Dann allerdings braucht man weder Paranoiker noch professioneller Kulturpessimist zu sein, um die abendländische Kultur ernsthaft in ihrer Existenz bedroht zu sehen. Darauf zu hoffen, daß das Schlimmste – der physische Zusammenbruch unserer westlichen Gesellschaften – am Ende doch nicht eintreten wird, weil wir schließlich auch Katastrophen wie den Mongolensturm, den Dreißigjährigen Krieg, zwei Weltkriege, Hyperinflationen und Weltwirtschaftskrisen überstanden haben, ist mit Sicherheit zu wenig. Es wird schon einer nüchternen Einsicht in die dräuenden Gefahren und der Entschlossenheit jedes Einzelnen bedürfen, endlich wieder selbständig zu handeln, anstatt auf Erlösung durch die korrupten politischen Eliten zu hoffen.
Dieses Themas nimmt sich ein von zwölf aus verschiedenen Fachgebieten stammenden Professoren verfasstes Buch mit dem sinnfälligen Titel „Höllensturz und Hoffnung“ an.
Als besonders wichtiges Problem erscheint den Autoren ein jede Moral langfristig zerstörender Utilitarismus, der ausschließlich das größte (materielle) Glück der größten Zahl anstrebt. Ein reines Nutzenkalkül, ohne einen von kurzfristiger Opportunität unabhängigen Moralkodex führt nach ihrer Meinung zu nichts Gutem. Immer weiter zunehmende technische Möglichkeiten, bei gleichzeitig immer tiefer sinkender Moral (das dieser Tage viel debattierte belgische Euthanasiegesetz ist hierfür ein sehr gutes Beispiel!), öffnet Einfallstore für heute noch völlig unabschätzbare Gefahren.
Scharfe Kritik wird auch am herrschenden Wachstumsdogma geübt, da in endlichen Räumen unendliches, zudem exponentielles, Wachstum schlicht unmöglich ist. Diese Einsicht, setzt zwar kein abgeschlossenes Physikstudium voraus, wird aber von den politischen Verantwortungsträgern dennoch konsequent ignoriert. Künftiges Wachstum hat qualitativer und nicht quantitativer, rein materieller Natur zu sein.
Mit der „ökosozialistischen Doktrin der Gleichheit“ wird ebenfalls scharf ins Gericht gegangen. Mit ihr wird „Gleichheit über Gerechtigkeit, Chaos über Ordnung (…) und Einebnung über Differenzierung“ gestellt – mit fatalen Konsequenzen. So wenig, wie erzwungene Gleichheit in einer von ungleichen Menschen bewohnten Welt gut und gerecht ist, kann Gleichmacherei oder die moderne Ersatzreligion des Ökologismus, das Heil bringen. Wir lesen: „Nicht Liebe und Geborgenheit, sondern Abtreibung ist die Natur des Ökosozialismus“ – wahre Worte!
Der unserer Tage von (in jeder Hinsicht sterilen) intellektuellen Elfenbeinturmbewohnern auf immer höhere Gipfel getriebene Genderwahnsinn, der in einer möglichst frühzeitigen – auch gegen den erklärten Willen deren Eltern – betriebenen Sexualisierung der Kinder seinen wohl ekelhaftesten Ausdruck findet, wird als eine weitere tödliche Bedrohung unserer Zivilisation geortet. Wer sich gegen die Natur (des Menschen) stellt, stiftet nichts anderes als Unheil.
Die in der westlichen Welt herrschende Wirtschaftskrise wird als das bezeichnet, was sie in Wahrheit ist: ein Schuldenkrise: „Heute gibt es dreieinhalb Mal so viel geliehenes wie gespartes Geld.“ Sie wird konsequenterweise als „ethische Krise“ gesehen. Die Autoren bieten eine recht komplette Zusammenfassung all jener Fehlentwicklungen, die – siehe oben – jedem vernunftbegabten Zeitgenossen, dem ideologische Gleichschaltung, politische Korrektheit und zeitgeistige Denkverbote das Hirn noch nicht restlos vernebelt haben, ins Auge fallen müssen.
Gemäß seinem Untertitel „Warum unsere Zivilisation zusammenbricht und wie sie sich erneuern kann“ widmet sich der letzte Teil des Buches der Hoffnung auf Besserung. Er ist deprimierend kurz geraten. Wer an dieser Stelle konkrete Handlungsanleitungen erwartet hat, wird herb enttäuscht – insbesondere wenn er mit Religion wenig oder gar nichts am Hut hat. Das Buch schließt mit dem auch an den Beginn gestellten Fall eines 1985 in Japan infolge eines Wartungsfehlers abgestürzten Jumbo-Jets: Im Gegensatz zu den damals auf verlorenem Posten befindlichen japanischen Piloten hätten wir es heute allerdings in der Hand, das Steuer noch herumzureißen, „…um sicher zu landen. Aber wir brauchen ein neues Flugzeug, um sicher weiterfliegen zu können.“ Wo in aller Welt eine dafür geeignete Maschine zu finden ist, bleibt offen. Ernüchterndes Fazit: Viel Höllensturz und verdammt wenig Hoffnung…
Einige über den Inhalt des Buches hinausgehende Überlegungen der beteiligten Autoren finden sich hier: http://www.hoellensturzhoffnung.de
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Ing. Andreas Tögel
Mittelstandsprecher