Waffenbesitz und das Recht auf Leben: Eine Grundsatzfrage

In der Debatte über Restriktionen im Hinblick auf die Verbreitung von Feuerwaffen in Privathand stützen beide Seiten sich sich meist auf empirische Daten. Die Verbotsfraktion führt das plausibel erscheinende Argument ins Treffen, dass eine höhere Zahl von Waffen in Privathand mehr Gewalt bedeuten würde. Befürworter liberaler Waffengesetze kontern mit dem Hinweis auf Untersuchungen, die diesem behaupteten Zusammenhang widersprechen. Der US-Ökonom John Lott („More Guns, less Crime“), Noor F. Amin von der University of Maryland („Does Firearm Control Mean Less Gun Related Crime: An Analysis of The Relationship Between Gun Availability and Crime”) und der Kanadier Gary Mauser von der Simon Fraser University Burnaby („Do Triggers pull Fingers? A Look at the Gun Misuse in Canada”), um nur ein paar zu nennen, kommen zum Schluss, dass die Zahl der in Privathand befindlichen Waffen nicht mit der Zahl der Gewaltverbrechen korreliert.

Einem völlig anderen Denkansatz folgt Timothy Hsiao, seines Zeichens Instructor of Philosophy and Humanities at Grantham University in Lexnas, Kansas. In einem kürzlich publizierten Papier argumentiert er gegen eine utilitaristischen Annäherung an die Frage der Privatbewaffnung, die auf folgendes Kosten-Nutzen-Kalkül hinausläuft: Geschehen mit Waffen mehr Gewaltverbrechen als damit verhindert werden?

Hsiaos Argument: Das Recht auf Leben kann nicht durch Erwägungen im Hinblick auf „gesellschaftliche Nützlichkeit“ relativiert oder in Frage gestellt werden. Die Verweigerung des Waffenbesitzes, bedeutet eine Begünstigung gewalttätiger Angriffe und damit einen Anschlag auf das Recht auf Leben. Deshalb sind utilitaristische Erwägungen in dieser Frage problematisch, weil auf diese Weise Menschenleben zur Kalkulationsmasse degradiert werden. Dem jedoch, so Hsiao, steht das fundamentale Recht auf Leben entgegen.

Da die politischen Eliten zu ihrem eignen Schutz auf bewaffnete Büttel vertrauen, anstatt im Fall der Fälle auf freundliche Worte zu setzen, erkennt sie die Notwendigkeit bewaffneter Selbstverteidigung an – zumindest soweit es sie selbst betrifft.

Dessen ungeachtet gilt: Einem lebensgefährlichen Angriff ist am effektivsten durch den Einsatz von Waffengewalt zu begegnen.

Hsiaos Kritik am Utilitarismus erhellt sich an folgender Frage: Darf ein Kampfjetpilot ein vollbesetztes Passagierflugzeug abschießen, das droht, von Entführern über einem bevölkerten Stadtzentrum zum Absturz gebracht zu werden? Antwort: Menschenleben gegeneinander aufzurechnen ist auch dann unzulässig, wenn die wahrscheinlichen Opferzahlen weit voneinander abweichen. Anders ausgedrückt: Der sichere Tod von 300 Flugzeuginsassen darf nicht in Kauf genommen werden, um möglicherweise das Leben von 10.000 anderen zu retten. Jedenfalls nicht in einem Rechtsstaat, für den jedes Menschenleben unantastbar zu sein hat, solange die betreffende Person selbst keine initiierte Gewalt gegen Dritte geübt hat.

Hsiao führt aus, dass das Recht auf Selbstverteidigung unmittelbar aus dem Recht auf Leben resultiert. Die einzige für ihn relevante Frage ist daher, welches Mittel sich am besten dazu eignet, das Leben einer von einem Bösen angegriffenen Person zu schützen. In der Regel wird das eine Feuerwaffe in der Hand eines Guten sein – insbesondere dann, wenn es sich beim Angreifer um ein körperlich überlegenes Individuum handelt.

Die Niedertracht der herrschenden Nomenklatura wird schlagartig offenbar, wenn sie – gegen den Willen der autochthonen Bevölkerung – Zehntausende gefährliche Personen aus hochgradig gewaltaffinen Zivilisationen importiert, und ihren Bürgern zugleich – vorsätzlich und in Kenntnis der zu erwartenden Folgen – eine effektive Selbstverteidigung mittels einer restriktiven Waffengesetzgebung verwehrt.

Falls die politischen Eliten indes der Meinung sind, dass mit der Sicherheit im Lande ohnehin alles zum Besten steht, sollte sie umgehend auf gepanzerte Limousinen und schwer bewaffnete Personenschützer verzichten!

Link zur Publikation von Hsiao: https://www.academia.edu/37171549/How_to_Think_About_the_Gun_Control_Debate


Zuerst erschienen in ef, Ausgabe 196


Ing. Andreas Tögel
Mittelstandsprecher

 

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