Kanzler Kurz (ÖVP) hat nach einer Schrecksekunde seinem Koalitionspartner von der FPÖ die Zusammenarbeit aufgekündigt und geht in Neuwahlen. Der Anlass: eine jetzt der Öffentlichkeit zugespielte, zwei Jahre alte Videoaufzeichnung einer Begegnung Parteichef Straches mit einem als Tochter eines „russischen Oligarchen“ getarnten Agent Provocateur. Zum Zeitpunkt der Zusammenkunft war Strache noch nicht in Regierungsverantwortung. Alle damals – offenbar im Suff – getätigten Zusagen und Ankündigungen sind somit als das zu werten, was sie faktisch sind: Schall und Rauch. Worte sind nun einmal etwas anderes als Taten. Offenbar wurde niemand geschädigt. Kein Cent ist – an wen auch immer – geflossen.
Viel Lärm um nichts also? Nein, zweifellos nicht. Der nun als Vizekanzler in Regierungsverantwortung stehende H. C. Strache ist durch diese Aufzeichnung schwer kompromittiert. Dass diese illegal angefertigt und nun von vorerst unbekannten Akteuren gezielt als politische Waffe in einem Wahlkampf eingesetzt wurde, ändert daran nichts. Der Vizekanzler war sich der Untragbarkeit seiner Lage auch bewusst und hat, zusammen mit der bei der fatalen Begegnung mit der vermeintlichen Oligarchentochter Makarova ebenfalls anwesenden Klubobmann Gudenus, umgehend alle seine politischen Funktionen niedergelegt.
Ohne die sagenhafte Dummheit, in eine solche Falle getappt zu sein, schönreden zu wollen, bleibt immerhin anzumerken, dass offenbar keine strafrechtsrelevante Handlung vorliegt und Strache sofort die nötige Konsequenz gezogen hat und zurückgetreten ist. Mehr konnte in dieser Situation nicht getan werden.
Eine völlig andere Angelegenheit ist der Umgang des Polit-Jungstars und Kanzlers Sebastian Kurz mit diesem Fall. Offenbar unter dem Druck abgehalfterter schwarzer Apparatschiks (z. B. dem notorischen Linksausleger Erhard Busek, der es einst für eine originelle Idee hielt, im SPÖ-Festzelt mit erhobener Faust die „Internationale“ mitzusingen), die an einer schwarzroten Koalition interessiert sind, hat er alle Brücken hinter sich verbrannt und sich mit seiner Neuwahlankündigung voll und ganz den Genossen ausgeliefert. Da die FPÖ, wie auch immer die mutmaßlich im September erfolgenden Neuwahlen ausgehen werden, als Koalitionspartner natürlich ausscheidet, bleibt ihm – im günstigeren der beiden dann denkbaren Szenarien – nur eine Neuauflage einer Koalition mit der SPÖ übrig. Eine Koalition, die vor zwei Jahren wegen chronischer Reformunfähigkeit und -willigkeit abgewählt wurde. Eine Koalition mit einer SPÖ unter Parteichefin Joy Pamela Rendi-Wagner, die als gelernte Tropenmedizinerin zwar bestimmt zuverlässig verschiedene Arten von Hakenwürmern voneinander unterscheiden kann, von Regierungsgeschäften aber keinen blassen Schimmer hat.
Das für Kurz – vor allem aber für die geplagte Alpenrepublik – weitaus ungünstigere und unter den gegebenen Umständen keineswegs undenkbare Szenario aber ist das einer linken Volksfrontregierung aus Roten, Grünen und Neos. Sollte die FPÖ von den Wählern im von den schwarzen Seilschaften und linken Medien herbeigewünschten Ausmaß Stimmen verlieren, wird diese Variante mit Sicherheit auch eintreten. Die Chance, sich für die vor zwei Jahren erfolgte Vertreibung von den staatlichen Futtertrögen an Kurz zu rächen, würden die Genossen unter keinen Umständen auslassen.
Die ÖVP hat seit den Anfängen der Zweiten Republik niemals verstanden, welche Bedeutung der Kultur- und Medienpolitik zukommt. Kanzler Raabs nach dem Krieg erfolgte Fehleinschätzung des Fernsehens als unbedeutendes „Bilderradio“ ist legendär. Es bedarf keiner besonderen Phantasie, sich auszumalen, welches Trommelfeuer die durch die Bank linken Journalisten – allen voran die des staatlichen Rundfunks – nun loslassen werden, um die Roten zu stärken und den Grünen wieder ins Parlament zu verhelfen. Auch Kanzler Kurz hat offenbar keine entfernte Vorstellung davon, was ihm bis September des Jahres blühen wird. Zusammen mit den Blauen wird auch er ab sofort gnadenlos gejagt und geprügelt werden. Die Journaille will eine linke Regierung unter einem roten Kanzler.
Es ist indes auch denkbar, dass das Kalkül der Volksfront gegen die Freiheitlichen nicht aufgeht und deren erwarteter Absturz nicht im erhofften Maße eintritt. Nicht zum ersten Mal wäre ein „jetzt-erst-recht“-Wahlkampf erfolgreich (man denke an die Wahl Kurt Waldheims zum Bundespräsidenten). Die anstehenden Wahlen zum EU-Parlament werden eine Art Stimmungsbarometer bilden.
Die Koalition aus ÖVP und FPÖ hat in ihrer kurzen Amtszeit einige Reformen auf den Weg gebracht, die in den Jahrzehnten zuvor nicht möglich waren. Mit der eben beschlossenen Steuerreform sollte – erstmals seit Menschengedenken – auch den Unternehmen ein wenig Entlastung zuteilwerden. Das ist jetzt Makulatur. Rote und/oder Grüne werden in der nächsten Koalition stattdessen die Zerstörung der verbliebenen Reste des Mittelstandes im Lande zügig vorantreiben.
Kanzler Kurz hätte die Option gehabt, die Koalition mit den Freiheitlichen fortzusetzen, da die beiden kompromittierten Personen sofort abgetreten sind. Daran aber wurde – ohne dafür plausible Gründe zu nennen – gar nicht erst gedacht. Die ÖVP/FPÖ-Koalition war auf zwei Legislaturperioden angelegt, die sie wohl auch locker geschafft hätte. Sebastian Kurz wird mit seinem vorschnellen Hüftschuss auf den Koalitionspartner die volle Verantwortung dafür tragen, dass in den kommenden Jahren jede überfällige Reform unmöglich sein wird.
Ing. Andreas Tögel
Mittelstandsprecher