Während der Präsidentschaftswahlkampf in Österreich lustlos vor sich hindümpelt, geht es in den USA täglich heißer her. Der bereits sicher geglaubte Sieg der Ex-außenministerin könnte im letzten Moment doch noch gefährdet sein. Natürlich geht es in den USA um etwas mehr als in der Alpenrepublik. Wird dort schließlich darüber entschieden, wer in den kommenden Jahren die einzige Weltmacht (Zbigniew Brzezinski) führen wird, während in der Alpenrepublik nur der (finanziell allerdings höher dotierte) Posten eines mehr oder minder überflüssigen Grüßonkels zur Disposition steht.
Während die auflagenstarke „Kronen-Zeitung“ am 2. 11. mit der Schlagzeile „Trump überholt Clinton“ aufmacht, gibt sich in der einstmals bürgerlichen „Presse“ die Linksauslegerin Sibylle Hamann in ihrem Gastkommentar besorgt, dass die demokratische Geschlechtsgenossin am Ende doch noch unterliegen könnte. Und zwar weil sie – so ungerecht ist die heteronormative Welt, die immer noch von sexistischen Schwanzträgern regiert wird – einfach nicht ins weibliche Rollenschema passen will.
Frauen, so Hamann in ihrem Sermon, könnten es einfach nie richtig machen. Würden sie sich wie Frauen geben (also friedlich kultiviert, nett und freundlich), kritisierte man sie als durchsetzungsschwach. Betrügen sie sich indes wie Männer (also brutal, gefühl- und rücksichtslos), würde das deshalb abgelehnt, weil es unweiblich wäre. Was ist die Welt doch (zumindest aus Sicht linker Emanzen) für ein elendes Jammertal!
Dass Hillary Clinton (wie auch ihr Mann) der Inbegriff des abgehobenen, arroganten und verlogenen Systemschranzen verkörpert, scheint Frau Hamann zwar schon irgendwie mitgekriegt zu haben. Sie bewertet dies aber keineswegs negativ (wie wohl alle im besten Einvernehmen mit den Mächtigen stehenden Lohnschreiber). Dass Clinton sich bei den Fernsehdebatten offenbar einen unfairen Vorteil gegenüber ihrem Gegner verschafft hat, indem sie sich die zu stellenden Fragen vorab mitteilen ließ, stört Hamann indes überhaupt nicht. Im Kampf gegen einen notorisch „frauenfeindlichen“ und „rassistischen“ Kapitalisten (gibt es eigentlich irgendetwas Negatives, das Trump in den Augen des linken Meinungshauptstroms nicht verkörpert?) ist natürlich alles erlaubt.
Fazit: Würde der US-Präsident von europäischen Journalisten gewählt, hätte Hillary den Sieg vermutlich mit einer 85%igen Mehrheit in der Tasche (bei Obama wären es noch 10% mehr gewesen). Warum das so ist, erschließt sich selbst auf den dritten Blick nicht so recht, wenn man das Augenmerk nicht auf medial aufgebauschte Plattitüden, sondern aufs Wesentliche richtet.
Sicher, es gibt kaum einen Fettnapf, in den der politisch wenig erfahrene Immobilientycoon nicht getreten wäre. So waren etwa seine Aussagen zu Latinos und Frauen sicher alles andere als clever. Aber was wiegt das gegen die Tatsachen, die gegen Hillary Clinton sprechen? Sie ist eine Frau, die ein offensichtlich sehr entspanntes Verhältnis zur Wahrheit pflegt. Eine Frau, die ihr Lebtaglang in jenem ekelhaften Sumpf verbracht hat, der jedes Machtzentrum beiderseits des Atlantiks charakterisiert. Eine Person, die niemals einen Cent mit ehrlicher Arbeit – also unter Marktbedingungen – verdient hat. Eine in der Wolle gefärbte Linke, die nicht davor zurückschreckt, zu behaupten, Arbeitsplätz würde nicht durch Unternehmen, sondern durch den Staat(!) geschaffen.
Aus europäischer Sicht am allerschlimmsten aber: Clinton steht dermaßen eng mit dem politisch-militärischen Komplex des Landes und den außenpolitischen „Falken“ Washingtons im Bunde, dass sie glatt imstande scheint, einen Krieg mit Russland vom Zaun zu brechen. Das jedenfalls lassen zahlreiche ihrer Äußerungen und insbesondere ihre Kritik an der „weichen“ Haltung des amtierenden Präsidenten gegen Putin befürchten.
Gegen diesen Katalog verblassen selbst die peinlichsten Einlassungen und Ungeschicklichkeiten des erfolgreichen Wirtschaftsmagnaten vollständig, der dem politischen Establishment (und zwar nicht nur dem der Demokraten!) aus gutem Grund ein Dorn im Auge ist.
Die Wahl zwischen einem „Horrorclown“ und einer pathologisch machtgeilen Kriegstreiberin zu haben, ist nicht sonderlich beglückend, sollte den Amerikanern aber nicht schwerfallen. Anders als in Österreich, gibt es in den USA sowohl ein starkes zentralisierungs- und regierungskritisches Lager, als auch einen gewissen Sinn für Fairness. Vielleicht haben die Clinton-fans also doch ein bisserl zu früh gejubelt. Für Europa wäre das ein Segen.
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Ing. Andreas Tögel
Mittelstandsprecher