Schallende Ohrfeige für das Establishment – Die Republik ist gespalten

Am Morgen nach der Stichwahl ist alles offen. Ohne die bis zum Abend zu erwartende Auszählung der Wahlkarten liegen beide Kandidaten gleichauf. Ein „totes Rennen“. Wie auch immer die Entscheidung am Ende aussehen mag (der Kandidat der Grünen, Van der Bellen, dürfte die Nase am Ende wohl vorne haben): Die Hälfte der Wähler wird sie wohl nicht ins Herz schließen.
Es ist ein für die (im schlechtesten Wortsinn „konservativen“) Österreicher absolut unerhörtes Ereignis, dass zwei Vertreter der Oppositionsparteien sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, während die Kandidaten der „staatstragenden“ Großkoalition aus SPÖ und ÖVP sich bereits in der Vorrunde verabschieden mussten.

Etwas anderes scheint indes noch wesentlich bedeutender: Van der Bellen steht als Kandidat – wie kein anderer – für das etablierte System. Er ist ein bedingungslos EU-gläubiger Zentralist, ein Mann der (nicht nur in Deutschland gescheiterten) Willkommenskultur, ein in der Wolle gefärbter Linker und Systemschranze, wie er im Buche steht. Alle – wirklich alle – relevanten Kräfte des Landes, die am Erhalt des maroden Status quo interessiert sind, haben sich im Laufe des Wahlkampfs auf seine Seite geschlagen. Eine derartige Koalition aus Gewerkschaftern, gegenwärtigen und ehemaligen Parteigranden von Rot und Schwarz, Spitzenrepräsentanten der Kirchenorganisationen, Wirtschaftskämmerern, Funktionären der Industriellenvereinigung, Künstlern und Intellektuellen hat Österreich niemals zuvor gesehen. Angesichts dieser gewaltigen propagandistischen Unterstützung ist das nun vorliegende 50-zu-50-Resultat eine Blamage beeindruckenden Ausmaßes.

Was die Interessen der lebenslänglich an den Staatstitten saugenden Pfründner angeht: kein Wunder. Wer die heilige EU und deren geniale Politik zu kritisieren wagt, ist des Teufels. Das für die politische Klasse und mittlerweile auch für die hauptamtlichen Wirtschaftsvertreter des zu Ende gehenden Papiergeldzeitalters typische Kurzfristdenken manifestiert sich eben in der einhelligen Unterstützung eines Mannes, der seine Zukunft bereits hinter sich hat. Keine Sensation. Dass die Massenmedien, insbesondere der rotgrün durchseuchte Staatsfunk, mit einer Parteilichkeit in den Wahlkampf eingegriffen haben, wie man es bislang noch nicht erlebt hat, kann auch nicht verwundern. Wes´ Brot ich ess´, des´ Lied ich sing! Die schamlosesten Huren waren und sind allemal diejenigen, die für die Machthaber die Beine breit mach(t)en.

Was eher überrascht, ist die Haltung der katholischen Kirchenfürsten, die sich (von einer Ausnahme abgesehen) hinter den bekennenden Atheisten Van der Bellen und nicht hinter den praktizierenden Katholiken Hofer gestellt haben. Der Antichrist scheint nicht nur im Konklave zu Rom (wo man es für angezeigt hielt, einen Kommunisten zum Papst zu küren), sondern auch in den Provinzkirchen den Klerus zu steuern.

Was bleibt, ist eine in zwei Hälften gespaltene Republik, in der die Gräben nicht nur zwischen Stadt und Land (nur in den größeren Städten liegt Van der Bellen vorne) und zwischen Männern und Frauen (eine klare Mehrheit der Männer bevorzugt Hofer, eine ebenso klare Mehrheit der Frauen den Linken), sondern auch mitten durch die Familien laufen.

Macht Van der Bellen das Rennen, bleibt dem Establishment der Trost, es noch einmal – vielleicht das letzte Mal – „geschafft“ zu haben und seinen Kurs weiterhin unbeirrt fortsetzen zu können. Zwei Jahre bleiben bis zur nächsten Wahl auf Bundesebene. Bis dahin wird auf der europäischen Bühne mit Sicherheit einiges passieren, was zu einer weiteren Stärkung der „Rechtspopulisten“ führen wird. Dann wird sich zeigen, ob der Grüne in der Hofburg es tatsächlich schafft, eine Dreierkoalition von Wahlverlierern (SPÖ und ÖVP werden dann eine der beiden anderen Linksparteien benötigen, um eine absolute Mehrheit im Nationalrat zustandezubringen) zu installieren – die dann möglichweise als Wegbereiter einer absoluten Mehrheit der „Rechtspopulisten“ bei der nächsten Bundeswahl fungiert.

Tritt indes der eher unwahrscheinliche Fall ein, dass Hofer in die Hofburg einzieht, könnte das einen heilsamen Schock für die etablierten Kräfte – nicht nur in Österreich – bedeuten und diese dazu veranlassen, die in den letzten Jahren versäumten dringend nötigen Reformen und eine Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik anzupacken und damit künftige „rechtspopulistische“ Mehrheiten zu verhindern.

Die aus Euro-Land zu erwartenden Betroffenheitsadressen würde Österreich am Ende ebenso unbeschadet überstehen wie die kollektive Empörung anlässlich der Wahl Kurt Waldheims anno 1986 oder der Installation einer Regierung ohne sozialistische Beteiligung im Jahr 2000. Der Nazischmäh und die Warnungen vor einer „autoritären“ Regierung haben sich längst abgenutzt und ziehen nicht mehr. Auch mit Norbert Hofer in der Hofburg ist eher nicht damit zu rechnen, dass demnächst wieder braune Horden mit Fackeln bewaffnet und dem Horst-Wessel-Lied auf den Lippen durch die Straßen ziehen werden. Wie hieß eine von Shakespeares köstlichen Komödien? „Viel Lärm um nichts.“

Ing. Andreas Tögel
Mittelstandsprecher