Gesundheit

Grundsatzüberlegungen zum Thema öffentliches Gesundheitssystem

Das aus öffentlichen Mitteln finanzierte Gesundheitssystem in Österreich – nach Meinung führender Sozialpolitiker des Landes „das Beste der Welt“ – gibt den (zwangsweise) Versicherten derzeit keinerlei Möglichkeit zur individuellen Gestaltung ihrer Versicherungssituation. Vielmehr macht es aus den „Versicherten“, d. h. den ungefragten Beitragszahlern, unmündige Empfänger von Leistungen, über deren Wert und Kosten sie ganz bewusst in völliger Unkenntnis gehalten werden.

Ferner ist festzustellen, dass das öffentliche Gesundheitssystem keineswegs primär der Bereitstellung ebenso hochwertiger, wie preiswürdiger medizinischer Vorsorge- und Heilbehandlungen für frei entscheidende Bürger dient, sondern vielmehr vorrangig dem Schutz von Privilegien und Einkommen verschiedener Leistungsanbieter, wie Krankenanstalten und Versicherungen, Ärzten und Apothekern – und zwar unter Ausschaltung jeder Form eines qualitätsfördernden Wettbewerbs.

Das Festhalten am Kolchosendenken in diesem Bereich bedeutet für die derzeit ohne jede Wahlmöglichkeit zwangsweise Versicherten gravierende Nachteile. Grundgesetze der Ökonomie gelten nämlich auch im Gesundheitswesen. Die Feststellung „Es gibt kein freies Mittagessen“, wie Milton Friedman sie einst hellsichtig formuliert hat, gilt selbstverständlich auch für Gesundheitsdienstleistungen. Nichts ist gratis. Auch für scheinbar „kostenlos“ erbrachte Wohltaten hat jemand zu bezahlen. Es liegt auf der Hand, dass die Ausschaltung von Wettbewerb bei steigenden Kosten zur Verschlechterung der Qualität des Angebots und zu einer Fehlallokation der Ressourcen führt. Es gibt keinen logischen Grund weshalb dieses Grundgesetz der Ökonomie nicht auch im Bereich der Gesundheitsdienstleistungen gelten sollte. Im wettbewerbsfreien Raum geschlossene Vereinbarungen zwischen den Gesundheitskassen einerseits und den Interessensvertretungen von Ärzten, Apothekern und anderen “Stakeholdern“ – mit Ausnahme der durch niemanden repräsentierten Beitragszahler – andererseits, gehen klar zu Lasten der letzteren.

Das faktische Nachfragemonopol der öffentlichen Gesundheitskassen (nur eine recht geringe Zahl von Krankenanstalten oder niedergelassenen Ärzten sind gegenwärtig ohne Kassenverträge lebensfähig), bringt mangelhafte Leistungen bei laufend steigenden Beiträgen und ohne jede Alternative für die Versicherten mit sich.

Als für jedermann nachvollziehbare Beispiele, seien die in vielen Fällen geradezu prohibitiv langen Wartezeiten für bestimmte Eingriffe (z. B. für orthopädische Operationen), in Spitalsambulanzen oder bei niedergelassenen Ärzten, die völlig unzureichenden Leistungen beim Zahnersatz, sowie der Umstand genannt, dass nur rund ein Drittel der in Österreich registrierten Arzneimittelspezialitäten frei verschreibbar sind.

Die für die Versicherten gegenwärtig unbefriedigende Situation, kann durch eine völlige Liberalisierung auf der Anbieterseite – d. h. die unbeschränkte Niederlassungsfreiheit für Ärzte und Pharmazeuten – und die Umstellung von der Pflichtversicherung auf eine Versicherungspflicht (analog zur Kfz-Haftpflicht, mit der Möglichkeit, den Versicherungsschutz individuell zu erweitern) – bei freiem Wettbewerb zwischen den Versicherern – wirksam und nachhaltig verbessert werden.

Freie Niederlassungsmöglichkeiten – ohne Regulierung durch ausschließlich den Interessen ihrer etablierten Mitglieder dienenden Standesvertretungen (z. B. von Ärzten und Apothekern), würde für die Versicherten eine deutliche Verbesserung des Leistungsangebots bringen und hätte zugleich – durch den entstehenden Wettbewerb – einen kostendämpfenden Effekt.

Eine kostenorientierte Planung im Gesundheitsbereich (immer noch weist Österreich die höchste Bettendichte, sowie die höchste Hospitalisierungsrate aller EU-Länder auf) existiert nicht einmal auf Landesebene, geschweige denn bundesweit. Wenige Kilometer voneinander entfernt betriebene Krankenanstalten (als Beispiele seien hier die Spitäler Baden/Mödling und Korneuburg/Stockerau genannt) sind klare Beispiele für die sinnlose Verbrennung von Mitteln der Versicherungsbeitrags- und Steuerzahler.

Der systembedingte Mangel an Kostendruck, Wettbewerb und Leistungsanreizen, führt zu Unterversorgungen (etwa mit Fachärzten für die Augenheilkunde) auf der einen und kostspieligen Doppelgleisigkeiten (wie etwa übertriebenen Ausgaben für teure Großgeräte, die nicht effizient genutzt werden) auf der anderen Seite.

Die Unkenntnis der Versicherten über Wert und Kosten medizinischer Behandlungen, wirkt einem verantwortungsvollen Umgang mit den Angeboten des staatlichen Gesundheitssystems entgegen. Eine Erstattung der Behandlungskosten – mit dem Effekt einer umfassenden Information des Patienten über dieselben – ist daher dem aktuell praktizierten System der Sachleistung (mit dem Ergebnis einer vollständigen Kostenverschleierung) vorzuziehen. Die Einführung von Kostenbeteiligungen (Selbstbehalten) ist ebenfalls geeignet, die Versicherten zu einer selektiven Nachfrage (etwa nach Kuraufenthalten) zu motivieren. Die Erkenntnis, daß „was nichts kostet, auch nicht viel wert ist“ – mit der Konsequenz einer nach oben unbegrenzten Nachfrage – gilt auch im Gesundheitswesen.

Mit der Einführung von Selbstbehalten könnte auch dem Missbrauch ärztlicher Praxen oder Spitalsambulanzen als Wärmestuben für Simulanten, gelangweilte Rentner und/oder Arbeitslose, wirkungsvoll entgegengetreten und der Arztbesuch für Berufstätige (durch die damit einhergehende Verkürzung der Wartezeiten) erheblich erleichtert werden.

Der Förderung des Gedankens an Eigenverantwortung in Fragen der persönlichen Gesundheit – für die das gegenwärtige System keinerlei Anreize bietet – ist durch die Einführung von Bonus/Malus-Regelungen bei der Bemessung der Versicherungsbeiträge (die im Falle einer freien Wahl der Versicherer von diesen sofort angeboten würde) und/oder unterschiedlich hohe Kostenbeteiligungen im Krankheitsfall, Rechnung zu tragen. Unsolidarisches Verhalten Einzelner, das sich etwa in exzessivem Genuss von Tabak, Alkohol und cholesterinreicher Ernährung, in Bewegungsmangel oder in der Ausübung riskanter und/oder ungesunder Sportarten manifestiert, würde durch unter Wettbewerbsbedingungen agierende Versicherer spürbar pönalisiert werden.

Dem Umstand, dass der medizinisch/pharmazeutisch/medizintechnische Fortschritt Kostensteigerungen mit sich bringt, die über dem Wachstum des BIP liegen, wird seitens des öffentlichen Gesundheitswesens (der Krankenversicherungen) seit Jahren ausschließlich mit stereotypen Forderungen nach Senkung der Arzneimittelpreise (die nur ganze 8% der Gesamtkosten ausmachen) sowie nach allgemeinen Beitragserhöhungen begegnet. Von der Einführung kostendämpfender Maßnahmen im Personalbereich der Versicherungs- oder Krankenanstalten (wie sie in jedem privatwirtschaftlich geführten Betrieb selbstverständlich sind), ist dagegen bis heute keine Rede. Starke Personalvertretungen der total politisierten Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen sind offensichtlich nach Belieben in der Lage, jede Maßnahme zur Effizienzsteigerung zu torpedieren. Ein Vergleich der Effizienz privat geführter Gesundheitseinrichtungen mit von der öffentlichen Hand betriebenen zeigt gewaltige Unterschiede zugunsten ersterer. Private radiologisch Praxen etwa weisen – bei vergleichbarer Diagnosequalität – erheblich höhere Untersuchungszahlen pro Tag und eingesetztem Personal auf, als Radiologien in öffentlichen Krankenanstalten. Eine wirtschaftliche Betriebsführung steht ganz und gar nicht im Widerspruch zum von den Patienten erwarteten Leistungsangebot und dessen Qualität.

Die Ideologie des selbstverständlichen Anspruchs auf Nulltarif für sämtliche Gesundheitsleistungen verstellt den Blick auf die Notwendigkeit zu grundsätzlichen und unpopulären Reformmaßnahmen, ohne deren rechtzeitige (vorgestern wäre der richtige Zeitpunkt gewesen) Implementierung das öffentliche Gesundheitssystem auf Dauer nicht zu finanzieren sein wird.

Ständige erweiterte Behandlungsmöglichkeiten einerseits und die rapide Vergreisung unserer Gesellschaft anderseits, führen zu überproportionalen Kostensteigerungen im öffentlichen Gesundheitswesen. Bei ungebremstem Fortschreiten dieser Entwicklung droht der Systemkollaps. Am Ende 100% des BIP ins Gesundheitswesen zu „investieren“ kann niemandes Ziel sein.

Ohne dramatische Systemveränderung würde die öffentliche Hand schon in relativ kurzer Zeit vor der Notwendigkeit stehen, andere (angeblich) durch sie zu erbringende Leistungen, wie etwa das Schulwesen, den Straßenbau oder die Sicherheitsproduktion im Inneren, zugunsten des Gesundheitswesens einstellen oder stark einschränken zu müssen. Das indessen erscheint nicht realistisch und wird von der Mehrheit der Versicherten auch nicht gewünscht.

Effizienzsteigerungen, Verwaltungskostenreduktion und eine straffe Personalpolitik alleine aber sind – so rigoros sie auch einzufordern und umzusetzen sind – nicht geeignet, das oben genannte, strukturell bedingte Problem der Kostenexplosion nachhaltig zu beseitigen.

Es ist daher einerseits zu überlegen, den Katalog der durch die öffentliche Hand zu übernehmenden Leistungen auf bestimmte Indikationen einzuschränken, wie etwa auf die Abdeckung von „Großrisiken“, wie z. B. neurochirurgische Eingriffe, Transplantationsmedizin, Diabetesbehandlung, usw. – deren Bezahlung private Budgets in der Regel übersteigen würden. Andererseits – wir sind uns der Problematik dieser Forderung durchaus bewusst – sollte daran gedacht werden, den Zugang zu bestimmten medizinischen Angeboten von streng kontrollierten, allgemein einsichtigen und für jedermann nachvollziehbaren Kriterien abhängig zu machen, oder, anders ausgedrückt: zu rationieren.

Im Zentrum all dieser Überlegung steht die nachhaltige Sicherstellung der Finanzierbarkeit des Gesamtsystems. Im Falle konkurrierender Nachfrageinteressen, die auf Grund der Beschränktheit der zur Verfügung stehenden Mittel künftig nicht mehr gleichzeitig befriedigt werden können, müssen daher klare Prioritäten gesetzt werden. Die Behandlung oder Rehabilitation eines potentiellen Systemerhalters genießt dabei notwendigerweise den unbedingten Vorrang.

Zur Verdeutlichung ein plakatives Beispiel: Die Behandlung eines bei einem Arbeitsunfall verletzten aktiven Bauarbeiters hat systemerhaltenden Charakter und hat daher Priorität gegenüber einer Lebertransplantation für einen alkoholkranken Frührentner. Ist beides – wegen der Knappheit der zur Verfügung stehenden Ressourcen – nicht möglich, so ist die Entscheidung im Interesse aller Versicherten zu treffen und die Erstattung der Kosten der im Beispiel genannten Lebertransplantation abzulehnen.

Zusammenfassend unsere konkreten Forderungen:

  • Übergang von der Pflichtversicherung zur Versicherungspflicht.
  • Unbeschränkte Niederlassungsfreiheit für Ärzte und Pharmazeuten.
  • Freie Verschreibbarkeit aller in Österreich registrierten Arzneimittel.
  • Schaffung von (geldwerten) Anreizen für eine gesunde Lebensführung durch die Einführung eines Bonus/Malus-Systems.
  • Langfristige Sicherung der Finanzierungsbasis des öffentlichen Gesundheitssystems durch Beschränkung und Rationierung von Leistungen.