Buchbesprechung: Wer den Wind sät

Der Autor, langjähriger Nahostkorrespondent der Wochenzeitung „Die Zeit“, verfügt ohne Zweifel über profunde Kenntnisse der Gegebenheiten dieser Region. Er schlägt bei seiner gnadenlosen Kritik der westlichen Nahostpolitik, einen Bogen vom (durch die Geheimdienste Großbritanniens und der USA unterstützten) Putsch gegen den iranischen Premierminister Mossadegh im Jahre 1953, bis zum Gaza-Krieg 2014.

Quellenangaben zu seinen Ausführungen, wären an vielen Stellen wünschenswert gewesen und hätten die Seriosität der Analyse unterstrichen.

Bei aller berechtigten Kritik am vielfach weitgehend moralfreien Vorgehen der Westmächte und den von diesen angelegten Doppelstandards bei der Beurteilung eigener und feindlicher Aktivitäten, fällt doch ein erheblicher Mangel an Objektivität ins Auge. Sicher war etwa Mohammed Mossadegh ebenso wenig ein harmloser Musterdemokrat, wie Schah Reza Pahlawi die Inkarnation des finstersten Faschismus. Lüders hätte seinem Anliegen besser gedient, wenn er nicht versucht hätte, den Eindruck zu erwecken, dass es sich bei den von den „Westlern“ als Feinde identifizierten Akteuren um meist mehr oder weniger unschuldige Opfer einer skrupellosen Geopolitik handelt.

Im Falle des syrischen Diktators Baschar al-Assad, gelingt es dem Autor indes sehr gut, ein umfassendes Bild der verworrenen Lage, der vielschichtigen Interessen lokaler und internationaler Akteure und von der in der Tat beschämenden Rolle zu vermitteln, die „der Westen“ in dieser Region spielt.

Wahr ist, dass ein großer Teil der aktuellen Verwerfungen in der islamischen Welt, die keineswegs ohne Konsequenzen für Europa bleiben, ein Produkt der erratischen Politik Washingtons sind: ohne den Putsch gegen Mossadegh – kein Mullahregime im Iran. Ohne US-Unterstützung für die afghanischen Mudschaheddihn – keine Al-Qaida. Und ohne den unbedachten Versuch der Westmächte, das Assad-Regime zu stürzen – kein „Islamischer Staat“, so könnte man die Analyse stark vereinfacht zusammenfassen.

Bei der Beurteilung der Politik Israels, scheint das antizionistische Ressentiment mit dem Autor durchgegangen zu sein. Allzu einseitig werden die „Verbrechen“ Israels mit der Opferrolle der Palästinenser (wer oder was sind denn „Palästinenser“?) kontrastiert.

Fazit: Ein guter Überblick über die Geschehnisse seit 1953, der allerdings aus einem zum Teil etwas zu einseitigen Blickwinkel erfolgt.

Wer den Wind sät / Was westliche Politik im Orient anrichtet
Michael Lüders
Verlag C.H.Beck, 2015
175 Seiten, broschiert
ISBN: 978 3 406 67749 6
14,95,- Euro

Ing. Andreas Tögel
Mittelstandsprecher