Oft kommt es ja nicht vor, dass ein Kommunist recht hat, aber in diesem Falls trifft es zu: „Griechenland steht am selben Punkt, im selben schwarzen Loch und es versinkt täglich tiefer darin.“ So Yanis Varoufakis, Ökonom und ehemaliger Finanzminister der ultralinken Syriza-Regierung.
Seit acht Jahren liegt der marode Balkanstaat den europäischen Unionsstaaten auf der Tasche. Rund 289 Mrd. Euro sind seit 2010 ins Land der Phäaken überwiesen worden. Mit dem wenig überraschenden Ergebnis, dass die Staatsverschuldung damit weiter nach oben getrieben wurde. Die hat mittlerweile die einsame Rekordmarke von 180 Prozent des BIP erreicht. Man muss wirklich kein Finanzwirtschaftsexperte sein, um zu erkennen, dass es völlig unmöglich ist, einen derart gewaltigen Berg von Verbindlichkeiten jemals wieder loszuwerden – ohne die Gläubiger zu enteignen. Nicht umsonst sieht der Vertrag von Maastricht eine Obergrenze der Staatsschulden in einer Höhe von 60 Prozent des BIP vor (um die sich allerdings nicht nur in Griechenland nie jemand geschert hat).
Nun verlässt das Land den „Rettungsschirm“ ESM, und muss sich wieder selbständig auf den Finanzmärkten um seine Finanzierung kümmern. Das dürfte nicht leicht werden.
Die anlässlich der Beendigung des dritten EU-Hilfsprogrammes abgegebenen, zweckoptimistischen Erklärungen des ebenso mächtigen wie sozialistischen EU-Finanzkommissars Pierre Moscovici („Das schwerste ist nun überstanden…das Land auf einem guten Kurs, blablabla…) wirken wie das Pfeifen im Wald und können nicht darüber hinwegtäuschen, dass trotz großer Anstrengungen so gut wie gar nichts erreicht wurde. In der Tat: Das BIP des Landes liegt heute um 25 Prozent unter dem Niveau des Jahres 2010, hunderttausende gut ausgebildete, meist jüngere Bürger haben dem Land in den zurückliegenden Jahren den Rücken gekehrt und sind ausgewandert. Eine, angesichts der entstandenen Kosten der „Rettung“ Griechenlands, deprimierende Bilanz.
Der „Fall Griechenland“ liefert ein schönes Beispiel für einen verfehlten Versuch, strukturelle volkswirtschaftliche Probleme mit finanzpolitischen Interventionen lösen zu wollen. Geld in ein Fass ohne Boden zu kippen, bringt eben nichts. Der Wirtschaft Griechenlands mangelt es einfach an Produktivität. Die aber kann nicht von außen – indem man das Problem mit Unmengen von Geld bewirft – gesteigert werden. Eine stark auf Dienstleistungen (im Fremdenverkehr) setzende Wirtschaft, ist eben nicht in der Lage, Wohlstand in einem Maße zu produzieren, wie das in Industrienationen möglich ist.
Doch welcher international agierende Industrieinvestor sollte sich am Rande Europas, in einem Land mit prekären politischen Verhältnissen (wer kann schon einschätzen, welche unternehmer- und eigentumsfeindlichen Aktionen den regierenden Kommunisten demnächst wieder einfallen werden?) und in nächster Nähe zu einem unberechenbaren Nachbarn in Osten, engagieren? In einem Land, in dem die für hochentwickelte Fertigungsbetriebe notwendigen Fachkräfte fehlen und in dem die allgemein herrschende Mentalität durch jahrzehntelange Korruption und Misswirtschaft schwer beschädigt ist.
Ein zusätzliches – nicht einmal hausgemachtes – Problem für das Land, bildet die Mitgliedschaft in der Eurozone. Ein Thema, das auch andere Mitglieder des „Club Med“ beschäftigt. Der Weg zur Währungsabwertung zwecks Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit, ist dadurch nämlich versperrt. Ein Weg, den Frankreich, Spanien und Griechenland vor der politisch, nicht etwa ökonomisch motivierten Einführung des Esperantogeldes, über viele Jahrzehnte gegangen sind. Eine „innere“ Abwertung (Kürzung der Löhne und allgemeine Preissenkungen für Waren und Dienstleistungen) ist aber politisch nicht durchsetzbar und würde – angesichts der bereits herrschenden Depression – den Weg nach unten vermutlich sogar noch weiter beschleunigen.
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Ohne einen radikalen Schuldenschnitt ist das Land nicht zu sanieren. Immerhin geht es um nicht weniger als darum, einen mit dem nicht undenkbaren Austritt Griechenlands aus dem Euro möglicherweise einsetzenden Zerfall der Eurozone, um jeden Preis zu verhindern. Die Deutschen, an ihre Rolle als Zahlmeister Europas seit geraumer Zeit gewöhnt, werden dabei mit Sicherheit mitspielen. Schließlich hat die größte Kanzlerin aller Zeiten aus ihrem Führerbunker an der Spree die Durchhalteparole ausgeben: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.“ Und wer will etwas so einzigartig tolles, die größte politische Konstruktion seit dem Imperium Romanum – die EU -, schon scheitern sehen?
—
Ing. Andreas Tögel
Mittelstandsprecher